Cellosuiten: Bach und Weinberg im Dialog

Interview mit Mario Brunello

Foto: Simone Cecchetti

 

Sa, 13. Juni / 11.00 h / Lutherkirche / No 29 
So, 21. Juni / 11.00 h / Lutherkirche / No 203 
 

Bachs Suiten für Violoncello solo sind für alle Cellisten gleichermaßen Standardliteratur und höchste Herausforderung. Können Sie Ihre Faszination an den Werken beschreiben? 
Ich meine, die Suiten für Violoncello solo von Bach sind mehr als eine Herausforderung. Sie stellen vielmehr eine grundlegende Sprache für jeden Cellisten dar, eine Sprache, die man verinnerlichen, verstehen und in eigenes Denken verwandeln muss. Bach hat uns ein natürliches Element aus Tönen, Regeln und Proportionen geschenkt; es ist unsere Aufgabe, diese Schönheit in das Mysterium der Kunst einzufügen. 

In Ihren Konzerten beim Bachfest 2026 stellen Sie die Cellosuiten von Bach jeweils einer Solosonate von Mieczysław Weinberg gegenüber. Was kann diese beiden Komponisten miteinander verbinden?
Ich beschreibe die Kombination Bach/Weinberg gerne als »die richtige Distanz«. Fast 300 Jahre trennen diese Werke, und doch scheinen sie Teil eines einzigen Projekts zu sein – eines gemeinsamen Willens, dem Violoncello Ausdruckskraft und Eigenständigkeit zu verleihen. Der kluge Einsatz der Polyphonie allein durch die vier Saiten ist das deutlichste Zeichen dafür.

Weinberg hat seine vier Sonaten für Violoncello solo zwischen 1960 und 1986, also in einer langen Zeitspanne, komponiert. Welche stilistischen Änderungen sind dabei wahrzunehmen?
Die vier Sonaten unterscheiden sich stark voneinander, ganz unabhängig von ihrem zeitlichen Abstand. Im gesamten Zyklus sehe ich jedoch eine deutliche Präsenz der Theatralik in Weinbergs Musik, eine Theatralik, die als Struktur dient – so wie in Bachs Suiten die Struktur durch den Tanz oder das, was von den Tanzformen der Instrumentalmusik übrig geblieben ist, gegeben ist. In der Ersten Sonate sind die aus der jüdischen und volkstümlichen Tradition stammenden Töne stark präsent, während in der Vierten Sonate ein fernes Echo der Zwölftonmusik und Melodien mit Mahler-Anklängen die volkstümlichen Elemente ersetzen, die in den beiden mittleren Sonaten hier und da noch auftauchen.
 

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