Zyklus Schiff spielt Bach

Interview mit Sir András Schiff

Foto: Nadja Sjöström

 

Do, 11. Juni / 20.00 h / Gewandhaus, Großer Saal / No 2 / Clavier-Übung I
Sa, 13. Juni / 16.00 h / Gewandhaus, Großer Saal / No 36 / Clavier-Übung II & IV
Di, 16. Juni / 17.00 h / Gewandhaus, Großer Saal / No 111 / Die Kunst der Fuge
Eine Kooperation zwischen Bachfest und Gewandhaus

 

Johann Sebastian Bach ist seit rund fünf Jahrzehnten der Mittelpunkt Ihres künstlerischen Schaffens. Entdecken Sie mit dieser gewaltigen Erfahrung noch Neues in seinem Werk?
Aber ja, jeden Tag entdecke ich neue Aspekte und Details, vermutlich weil ich neugierig bin und nie aufgebe. Das ist ein work in progress, das hört nie auf. Bach ist der Wichtigste in meinem Leben, das ist für mich ein Privileg, eine Mission, er ist einfach der Größte. Ich bin nicht besonders religiös, eigentlich überhaupt nicht, aber ein Atheist bin ich auch nicht. Mein Beweis für das Göttliche ist Bach. 

Sie spielen Bach in aller Welt. Sind Konzerte in Leipzig etwas Besonderes für Sie?
Eindeutig ja! Es gibt zwei Städte, die für die klassische Musik in Europa außergewöhnlich wichtig sind, zum einen selbstverständlich Wien und zum anderen Leipzig. Das hat natürlich mit Bach zu tun, aber auch mit dem Gewandhaus, mit Mendelssohn, Schumann, Wagner und Grieg. Und das ist doch erstaunlich: Die Stadt war nie von Aristokratie oder einem Hof geprägt, stattdessen haben Handel und Kommerz so positiv auf die Kultur gewirkt. 

Beim Bachfest 2026 spielen Sie an drei Abenden große Clavier-Sammlungen von Bach. Sind die Werke in diesem zyklischen Kontext besser verständlich?
Bach war nicht nur ein überragender Musiker, sondern auch ein Gelehrter und ein Enzyklopädist. Hinter seinen Zyklen steckt immer ein komplexes und durchdachtes Konzept. Und hierbei möchte ich ihm folgen, ich muss also auch eine Strategie entwickeln: Wie fange ich an, wie baue ich das auf, wo mache ich Pausen? Natürlich könnte man auch nur Auszüge spielen, aber dann käme die enzyklopädische Idee von Bach zu kurz. Ich kann das nicht genug bewundern. 

Kann Bach die Welt besser machen?
Ja, und er macht es auch, und zwar mehr als alle anderen Komponisten, weil er so bescheiden ist. Bei Bach hat man nicht ein »Ich-Gefühl«, sondern es gibt nur das »Wir«, das macht ihn einmalig. Spätere Komponisten, so großartig ihre Musik ist, komponieren in erster Linie für sich und für die Nachwelt, diesen Eindruck habe ich bei Bach überhaupt nicht. Ich glaube, er wäre sehr überrascht, wenn er wüsste, dass wir heute seine Musik aufführen und so schätzen. 
 

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